Erfindung: Gentest auf Brustkrebs
Dank der Erfindung von Laura van ‘t Veer und ihrem Team des Niederländischen Krebsinstituts (NKI) können Frauen, bei denen Brustkrebs diagnostiziert wurde, nun fundiert entscheiden, ob sie sich nach der Operation einer Chemotherapie unterziehen oder nicht.
Der
von diesem Team entwickelte Gentest wurde 2007 erstmals eingesetzt und
untersucht Tumorgewebe auf ein Rückfallrisiko innerhalb der nächsten
10 Jahre. Der neuartige Test hat zu einem grundlegenden Wandel der
medizinischen Rahmenbedingungen geführt: Nun können Patientinnen mit hohem
Risiko, die sich einer Chemotherapie unterziehen müssen, von solchen mit
niedrigem Risiko unterschieden werden, die sich nicht den schädlichen
Nebenwirkungen einer chemischen Behandlung aussetzen müssen.
Van ‘t Veer und ihr Team befassten sich intensiv mit den genetischen Eigenschaften von Tumorgewebeproben von Brustkrebspatientinnen, die in der Gewebedatenbank des NKI hinterlegt waren, und schafften so den Durchbruch auf diesem Gebiet. So entdeckten sie eine spezielle genetische "Signatur" aus 70 Genen, mit der sich bestimmen lässt, ob eine Patientin aufgrund ihres genetischen Profils ein niedriges oder ein hohes Risiko hat, an Sekundärkrebs zu erkranken.
Gesellschaftlicher Nutzen
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass 2011 rund 450 000 Frauen an Brustkrebs gestorben sind. Bis heute ist Brustkrebs die häufigste Krebsart bei Frauen. Zwar ist die Überlebensrate in den letzten zehn Jahren deutlich gestiegen - in den USA, Schweden und Japan auf über 80 % -, doch kann die Behandlung dieser Krebsform für die Patientinnen sehr belastend sein. Insbesondere die Chemotherapie hat starke Nebenwirkungen.
Dank dieser Erfindung können Patientinnen mit geringem Rückfallrisiko gänzlich auf eine Chemotherapie verzichten und dennoch tumorfrei bleiben. Die Vorteile sind immens: Eine Chemotherapie ist nämlich nicht nur sehr teuer, sondern auch extrem belastend, da sie das Immunsystem unterdrückt und sogar Leberschäden und Organversagen verursachen kann.
Wirtschaftlicher Nutzen
Mit ihrem Start-up-Unternehmen Agendia NV brachte van ‘t Veer MammaPrint auf den Markt, einen Mikroarray-Test, der bislang in 34 Ländern bei über 40 000 Patientinnen mit Brustkrebs im Frühstadium eingesetzt wurde. Bei diesem Test wird lediglich eine kleine Gewebeprobe aus der Brust entnommen und zur Analyse an Agendia geschickt. Viele Krankenkassen übernehmen die Kosten.
Das Unternehmen Agendia mit Sitz in Amsterdam und dem kalifornischen Irvine zählt gegenwärtig zu den 14 weltweit umsatzstärksten Molekulardiagnostik-Unternehmen und hat 2012 einen Umsatz von 9,8 Mio. EUR (12 Mio. USD) erwirtschaftet. Die Genomanalyse gilt als zukunftsweisende Technologie in der personalisierten Medizin und hatte 2011 einen Marktwert von 3,58 Mrd. EUR (4,4 Mrd. USD). Bis 2016 wird ein Marktwert von 4,3 Mrd. EUR (5,2 Mrd. USD) erwartet.
Funktionsweise
In jedem Feld hat die DNA einen anderen Code, der mit dem Code genau eines Gens übereinstimmt. Der MammaPrint-Test misst die Aktivität von 70 tumorspezifischen Genen insgesamt sechs Mal und gewährleistet damit zuverlässige Ergebnisse.
MammaPrint überwacht die Aktivität der tumorspezifischen Gene, indem die Menge der mRNA-Moleküle ("messenger RNA" oder Boten-RNA) gemessen wird. Anhand der Menge der 70 tumorspezifischen Gene bestimmt der Test das Metastasten-Risiko einer Patientin (Krebszellen lösen sich vom ursprünglichen Tumor ab und streuen in andere Körperteile).
Die Erfinder
Laura van ‘t Veer forscht bereits seit über 25 Jahren im Bereich Molekulare Onkologie und hat mehr als 230 Beiträge in renommierten wissenschaftlichen Fachzeitschriften veröffentlicht. Derzeit ist sie Leiterin des DNA-diagnostischen Labors des NKI und hat eine Professur am labormedizinischen Institut der University of California in San Francisco inne, wo sie auch lebt.
Für ihre Errungenschaften in der Brustkrebsforschung hat van ‘t Veer mehrere Auszeichnungen erhalten, darunter den Van der Schueren Lecture Award und den ESMO-Lebenswerk-Preis. Außerdem erhielt sie eine Forschungsbeihilfe der Breast Cancer Campaign und belegte den zweiten Platz im Wettbewerb um den EU-Innovationspreis für Frauen 2014.
Wussten Sie das?
Fast 120 Jahre und zahlreiche genetische Entdeckungen später gelang es Laura van ‘t Veer und ihrem Team mit dem Mikroarray-Test, den "fruchtbaren Boden" für Brustkrebs als einen spezifischen Satz von Genmarkern zu identifizieren.